Suchtfaktor Kälteschock

Frizzi • Juni 08, 2023

Unglaublich, aber durch Studien belegt! Warum extreme Kälte heilsam für deinen Körper ist und gute Laune macht.

Nervös trippelnd stehe ich vor dem Laden im Erdgeschoß einer Kiezstraße im Prenzlauer Berg.
Vor kurzem hat hier eine Kältekammer eröffnet. Eine Freundin, die schon seit Jahren unter Gelenkrheuma leidet, hat mir erzählt, dass sie während einer Kur in einer medizinischen Kältekammer nahezu schmerzfrei wurde. Ihre Schmerzfreiheit hielt ein halbes Jahr an. 
Fasziniert von diesem „Wunder“ und getrieben von meinen eigenen Gelenkschmerzen stehe ich nun vor der Tür der Kältekammer in der Schliemannstrasse.

Ich will es selbst ausprobieren. Nach der Anmeldung per Email bekam ich eine Liste, was alles mitzubringen ist.


Dicke Socken, Handschuhe, Mütze und eine Atemschutzmaske. Ansonsten ist man nur mit Unterwäsche bekleidet.

UNTERWÄSCHE?
Bei minus 85 Grad? Klingt echt schräg.


Nun gehts los. Peter begrüßt mich. Er ist ein Kälte- Entusiast. Zunächst muss ich einen langen Gesundheitscheck über mich ergehen lassen.

Am Ende: alles schick – du hast keinen unbehandelten Bluthochdruck – du bist geeignet. Aber nun legt Peter richtig los.

Bei welchen Beschwerden und Krankheitsbildern die Extremkälte helfen kann. Ich versuche, die Informationslawine, die sich über mir ergießt, zu verarbeiten.


Hängengeblieben ist (und das finde ich erstaunlich), dass Kältekammer hilft, Depressionen zu lindern. Ach! Hätte ich nicht geahnt!


Durch die schlagartige Stoffwechselveränderung beim Kälteschock, schaltet der Organismus auf Überlebensmodus. Neben vielen anderen Effekten kommt es zu einer krassen Hormon – Veränderung im Körper. Wissenschaftliche Studien sind noch im Gange, aber schon jetzt kann festgestellt werden, dass die Serotoninproduktion angekurbelt wird.


Das finde ich toll. Denn viele meiner Psychotherapie – Klienten leiden unter Depressionen oder Dysthymia.

So – jetzt wird es ernst. Ich habe mich umgezogen und auf geht’s in die Kältekammer.

Drei Minuten soll ich in diesem etwas überdimensionalen Kühlschrank aushalten. Ich soll mich bewegen, vielleicht ein paar Kniebeugen machen oder einfach tanzen.

Die Kältekammer ist ein supermodernes Stück Technik. Vom Marktführer. Natürlich TÜV – zertifiziert.


Mit einem Zischen öffnet sich der „Eisschrank“. Eine Wasserdampfwolke quillt heraus.“Mach schnell, hinein mit dir!“ sagt Peter. Logisch! Denn die Temperatur im Innern würde sonst nur ansteigen – Wärmeaustausch- in Physik habe ich aufgepasst damals.

Eine Lichtleiste im Innern der Kältekammer zeigt mir an, wieviel von den drei Minuten ich schon geschafft habe.

Anfangs bin ich nur geschockt über dieses unwirkliche Hautgefühl. Es ist nicht „kalt“. Das Hautgefühl von „kalt“ stellt sich erst nach etwa eineinhalb Minuten ein. Peter hatte gesagt, ich kann jederzeit aussteigen, wenn es mir unheimlich wird. Ich überlege.

Soll ich vorher abbrechen? Beim Überlegen vergehen weitere dreißig Sekunden. Nun lohnt es sich nicht mehr, beschließe ich. Deswegen hampele ich einfach etwas mehr in der krassen Kälte herum. Peter winkt durch die Glastür – ich soll rauskommen.

Endlich! Drei Minuten können echt lang sein!             

Ich bin so stolz auf mich!


Mit dem, was jetzt kommt, hätte ich nicht gerechnet. Ein unbeschreibliches Hautgefühl an den Armen und Beinen. Bin das ich? Fühlt sich irgendwie fremd an. Und sehr kühl….und dann kommt der Lach-flash. Ich ziehe mich wieder an und kichere dabei vergnügt vor mich hin.

Ob ich nach dieser Probeanwendung wiederkommen will? Natürlich!

Erst jetzt bemerke ich, dass mein rechtes Knie nicht mehr schmerzt.

Ein bisschen verwundert, aber mit großartiger Laune verlasse ich Peter und seinen Laden „Formwandler Recover“  in der Schliemannstrasse.

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